
Glockenspiel in München – für ein paar Tage die wichtigste Stadt der Welt Bild: Katharina Wieland Müller/pixelio.de
Anlässlich der deutlich gespannten weltpolitischen Lage beobachtete ich mit größtem Interesse die Sicherheitskonferenz in München. Nun, es war wie immer. Ein Spektakel in dem sich die NATO präsentierte und sowieso nur der Weg des Westens Geltung fand. Ein geradezu aufgenötigter, wenn auch dringend nötiger Waffenstillstand in Syrien wurde vereinbart und kann, meiner Meinung, jetzt schon als gescheitert betrachtet werden, denn es ist der NATO-typische „Ja, aber…“- Waffenstillstand.
Für mich ganz und gar unverständlich war die Echauffage über den Auftritt der russischen Delegation. Die jüngste Geschichte zwischen NATO/Europa und Russland ist das Ergebnis einer langen Entwicklung. Es gibt verschiedene Ansatzpunkte und ich gebe hier lediglich meine persönliche Sicht wieder. Ich denke, der Bruch den wir heute sehen, begann schon in den frühen neunziger Jahren. Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Zerfall der Sowjetunion löste ich auch der Warschauer Pakt auf. Dies war logisch, denn das Bündnis, geschmiedet für den Kalten Krieg war ja nun überflüssig geworden. Betrachtet man die Bestimmung der NATO, die die gleiche war, hätte sich jenselbige natürlicherweise auch auflösen müssen. Sie tat es nicht. Warum? Und warum wundern sich Einige, dass so mancher Beobachter, übrigens auch ich, in der NATO so eine Art verkappten US-Amerikanischen Neo-Kolonialismus sehen?
Versprechen und Vertrauen sind offenbar Mentalitätsfragen
Verständlicherweise betrachtete die Russische Föderation den Fortbestand der NATO mit Sorge und auch Stirnrunzeln. Es wurde versprochen, dass die NATO nicht in den Osten erweitert würde. Nun, offenbar gilt in Russland ein Ehrenwort als ein Ehrenwort. Im Westen ist dies offensichtlich nicht der Fall, denn heute will niemand mehr von diesem Versprechen etwas wissen. Konfrontiert man westliche Politiker oder auch Journalisten mit Gesprächsprotokollen betreffs dieses Versprechens, so will niemand mehr davon wissen, oder weicht aus. Ich persönlich finde, dass ein gebrochenes Versprechen eine der schlimmsten Beleidigungen überhaupt ist. Dass auf einer solchen Basis eine Freundschaft mit Russland schwer ist, ist klar.
Doch dies reichte ja noch nicht. Dann kam, kürzlich erst, der Raketenschild an den weit vorgeschobenen NATO-Ostgrenzen, als Abwehr gegen den Iran, so rechtfertigten die USA. Wer sich die Mühe macht, ein paar Interviews mit russischen Politikern anzuhören erfährt, dass dieser Schild die russischen Verteidigungslinien bis weit ins Landesinnere lahmlegt. Wie war das noch mit dem Respekt vor der Souveränität eines anderen Staates!? Oder auch mit dem Vertrauen, mit dem man sich begegnen wollte? Der Vergleich mag zum Schmunzeln sein, doch denken Sie mal an Ihren Nachbarn, der seinen Rasensprenger in seinem Garten so positioniert, dass er Ihr Rosenbeet flutet! Würden Sie ihm dafür einen Kuchen backen? Wohl eher nicht. Im Gegenteil würden Sie vermutlich recht wütend reagieren, weil der olle Nachbar nicht nur Ihre Rosen ertränkt sondern Sie auch auf dem Weg zu den Erdbeeren ordentlich mit gießt. Warum sollte also Russland für das Verhalten der NATO „Verständnis“ aufbringen? Man hätte damals mit der russischen Regierung reden müssen. Wie mit einem Freund. Man hätte dem Freund sagen müssen, dass man Angst vor dem Iran hat. Und ich bin sicher, der Freund hätte geholfen. Und selbst wenn nicht, so wäre es anständig gewesen, dem Freund vorher zu sagen, dass man sich einzuigeln gedenkt.
Nichteinmischung in Innere Angelegenheiten…
…stünde dem Westen wohl an. Als Russland die Krim eingliederte und es zu Aufständen in der Ukraine kam, war die „Weltpolizei“ USA ganz vorne dabei. Und es ging und geht die „greatest nation of all“ rein gar nichts an. Wer sich die Mühe macht, und mal das gute alte Geschichtsbuch heraus kramt findet, dass der Russland-Ukraine-Konflikt, sowie der Streit um die Krim schon Jahrhunderte alt ist. Es ist eine Angelegenheit zwischen Russland und der Ukraine. Fertig. Es geht niemanden sonst etwas an. Weder hat man Sanktionen zu verhängen noch hat man sich als Vermittler ungefragt aufzuspielen. Tut man es doch, gießt man einfach nur Öl ins Feuer.
Und Syrien? Nun, die Fakten zeigen, dass sich dort seit sechs Monaten etwas bewegt. Seit Russland präsent ist. Ob das gut ist oder schlecht, sei dahin gestellt. Tatsache ist jedoch, dass Russland Bewegung in die Sache gebracht hat. Tatsache ist auch, dass Putins Überlegung, Assad zunächst zu halten ganz einfach und logisch ist: Was ein Machtvakuum im Nahen Osten anrichtet, wissen wir doch eigentlich, oder? Warum ist es also so verdammenswert, wenn einer der Parteien in diesem Krieg sagt, diese Situation muss vermieden werden? Reicht der NATO die IS noch nicht? Brauchen wir noch eine Terrororganisation? Denn genau das ist das Ergebnis eines Machtvakuums, siehe Irak und Afghanistan!
Vielleicht sollten die Medien mal tun, was sie fordern
Die Medienlandschaft nimmt Neutralität für sich in Anspruch. Ich sehe von dieser Neutralität rein gar nichts. Offenbar fragt niemand, warum Russland und die russische Regierung eigentlich tun, was sie tun. Die Position Russlands, die Frage warum die Lage so ist wie sie ist, wird einfach ignoriert. Weil nämlich der Westen immer recht hat. Ich verstehe die russische Position sehr gut. Gebrochene Versprechen, Eingriffe ins Territorium, üble Nachrede gegen den ersten Mann im Staat und negative Publicitiy wo es nur geht…woher soll denn bitte, eine Gesprächsbasis kommen? Oder gar ein freundschaftliches Verhältnis? Es hat einmal so ausgesehen, als könnten Europa und Russland Freunde werden. Doch dann beschloss Europa geschlossen, den USA nachzurennen, wie die Lemminge. Dass das Ende des Kalten Krieges auch das Ende alter Bündnisse und das Entstehen von Neuen hätte bedeuten können, haben wohl nur wenige begriffen.
Der russische Premierminister sprach von der Gefahr, in einen neuen Kalten Krieg zu rutschen. Ich persönlich befürchte fast, wir haben ihn nie wirklich verlassen. Die alten Klischees sind wirksam und werden bedient, alte, ausgediente Bündnisse werden wider jede Vernunft kompromisslos fortgesetzt und die NATO gibt es auch noch. Vermutlich hatten wir nur einen Kalten Waffenstillstand. Schade eigentlich, ich dachte wirklich, wir hätten etwas gelernt. Über Respekt und Zusammenarbeit zum Beispiel. Darüber, dass wir im „global village“ dringend ein Wort Gandhis beachten sollten: „Das Leid eines einzelnen ist das Leid der ganzen Welt“. Heißt im Klartext: Was immer irgendwo passiert, hat Einfluss auf alle. Sollten also zum Beispiel die Sanktionen gegen Russland zum Zusammenbruch der russischen Wirtschaft beitragen, so haben wir, Europa und die USA, intensivst an der nächsten möglichen globalen Wirtschaftskrise mit gestrickt. Aber hey, es war für eine gerechte Sache. Die Amerikanische nämlich.